Wer bin ich eigentlich? Woher komme ich? Wofür stehe ich ein?
Naja, erstmal bin ich Philipp Burger aus Brixen in Südtirol. Geboren am 25. März 1981 in Sterzing, einer kleinen Stadt im Norden des Landes. Aber mal ehrlich, natürlich bin ich mehr als das, wie jeder andere Mensch da draußen auch. Die Frage sollte also immer anders lauten:
Was sind meine Ansichten, meine Berufungen? Was sind meine Leidenschaften? Was ist meine Herkunft, meine daraus gewonnene Werthaltung? Was sind meine Visionen, meine Ziele? Was ist am Ende meines Lebens, was ist meine Geschichte?
Und klar, natürlich bin ich auch irgendwie die Summe von dem, was man über mich erzählt, für andere gilt das sicherlich. Für mich selbst eher weniger, ich bin zum Glück selbstbewusst genug, mir mein eigenes Urteil zu bilden, auch über mich selbst.
Es wäre also einfach, mich primär „nur“ als Sänger von Frei.Wild zu sehen. Oder als Komponist, Autor oder Produzent. Vielleicht auch als Landwirt, früheren Zimmermann, als Gitarrist, Bergsteiger, Sportbegeisterter und als leidenschaftlicher Fischer. Ach ja, als Mensch, der sehr gerne in die Ferne reist, ergäbe das Wort „Travelman" ebenfalls Sinn. Ehemann und Familienvater bin ich übrigens auch noch.
Also Auswahl wäre schon mal genug da, um mich und mein Leben zu zeichnen. Aber reichen diese Punkte aus, um mich als Menschen, als Individuum, korrekt zu beschreiben?
Kann „man“ wirklich davon absehen, wie mich große Teile der Musikerkollegen, der Presse, der politisch aktiven Menschen sehen? Ich denke nicht, denn auch das gehört zu jedem Menschen, der Blick der anderen.
Denn egal was ich mache, egal für was ich einstehe, völlig uninteressant, wo ich herkomme und wohin ich gehen will, der Ruf und die Geschichten, die über mich erzählt werden, sind ebenso Teil meines Lebens. Genau wie meine Fehler, meine eingeschlagenen Wege, meine Vorhaben. Aber auch mein Umfeld, meine Ängste und Errungenschaften. Meine jugendliche Skinhead-Vergangenheit z.B., durchlebt zwischen 1996 und 1999, hat mir durchaus viel für meinen Reifeprozess gegeben, wenn auch einen gewissen Stempel eingebrannt. Und diese Zeit kann, noch wollte, noch will ich sie leugnen. Weil es falsch wäre. Und weil ich mit dieser Unsicherheit, dass es doch rausgekommen wäre, zum Unterschied von vielen anderen, nicht leben könnte.
Die Folgen daraus? Endlose Erklärungen. Massig viel Ärger, Ablehnung und durchaus entstandene Narben in meinen Seelenwänden. Aber wer weiß, vielleicht war genau das auch die Triebfeder für alles was kommen sollte. Woraus ich wachsen konnte, wie ich mich kritisieren und mich „korrigieren“ lernte. Auch, was mich unheimlich prägen sollte.
Mein konsequenter Wunsch und Drang, mir und vielleicht auch anderen zu beweisen, dass ich „mein Leben“ heute besser kann, dass ich mehr bin als man mir zutraut, dass ich nicht aufgeben werde, nur weil das viele andere gemacht hätten, sind jedenfalls sicher auch dadurch entstandene Eigenschaften.
Ja, man sagt mir eine gewisse Verbissenheit nach, oder eben Beharrlichkeit, meine Ziele zu erreichen. Aber eben auch die Möglichkeit, mir und anderen zu vergeben. Eine Eigenschaft, für die ich sehr dankbar bin. Auch eine Art Übermut und durchaus vorhandene typisch konservative Südtiroler Sichtweise, die sicher auch der sehr komplexen Geschichte und politisch unvergleichbaren Situation des Landes geschuldet ist, gehören zu mir.
Ich liebe es, zusammen mit anderen Menschen an Projekten, an Liedern, an neuen Plänen zu arbeiten und erlangte Erfolge gemeinsam einzufahren. An dieser Stelle ein großes Dankeschön meinen treuen Bandkollegen Jonas, Föhre und Zegga, ich glaube sie wissen nach nun über 20-jähriger gemeinsamer Bandgeschichte mindestens genauso wie ich, wo meine Stärken und Schwächen liegen. Ungeduld, „Zappelphilipp-Syndrom“, ein gewisses Maß an Sturheit.
Ich glaube, das alles sind Eigenschaften, die mich ausmachen. Anerkennung zu schenken, Dankbarkeit zu zeigen, Loyalität zu leben und dabei mit Ausdauer, Lust auf dieses Leben zu haben, gehören auch dazu.
Als Philipp Wilhelm Burger am 25. März 1981 in Sterzing (Südtirol) geboren, genoss ich als Bruder zweier Schwestern, ich kam mittendrin, eine wirklich unbeschwerte Kindheit inmitten einer liebevollen Familie. Und einer tollen kleinen Vorstadtumgebung.
Die Grundschule und Mittelschule, meine Lehre zum Zimmermann durchlebte ich ebenso in Brixen. Nun ja, eigentlich zur Hälfte auf Montagearbeiten zwischen Sizilien und der Deutschen Ostseeküste. Ich gab dem Wunsch meiner Mutter nach, in die beruflichen Fußstapfen meines Vaters zu treten und scheiterte kläglich. Die Geometerschule in Bozen war also nicht die beste Wahl für mich. Die Berufsschule für Zimmerer in Bruneck, dann die 2007 besuchte Landwirtschaftsschule in Salern, sowie viele andere Fortbildungen in vielen Bereichen, waren es aber sehr wohl.
Ich liebte es schon immer, meinen Kopf in den Himmel zu halten und über neue Vorhaben nachzudenken. Egal welcher Art. Das nächste Baumhaus, das nächste Fußballturnier unter Freunden, der nächste Streich bei den Pfadfindern oder später, meine eigene Zimmerei, meine eigene Band, der nächste Song, das nächste Holz-Gewerk. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter, Geometer und Lehrerin, beschreiben mich als Menschen, der, wenn er sich erstmal was in den Kopf gesetzt hat, erst dann zufrieden ist, wenn er es umgesetzt hat. Oder wie Stefan, mein/unser Manager immer sagt: „Philipp ist Musiker und ist Zimmermann, er kann keine halb eingeschlagenen Nägel sehen, die will er drinnen wissen. Dann haut er halt auch mal daneben, wichtig ist, dass die anderen 99 sitzen und halten“.
Und schier alle Menschen, die mich kennen, behaupten, Ratschläge würden bei mir fast immer auf taube Ohren stoßen, naja, bis ich dann eben selbst einsehen würde, dass der Weg der falsche war.
Das ist mir wohl bis heute geblieben und birgt natürlich auch weiterhin die Gefahr einer Bruchlandung, eines Fehltritts mit sich. Ich bin mir dessen auch durchaus bewusst, davor fürchten tue ich mich dennoch nicht, viel weniger jedenfalls, als es nicht zumindest versucht zu haben.
Aus diesen Beschreibungen heraus, die ich im Übrigen fast alle so teilen kann, erbaute und erbaut sich so ziemlich alles, was ich bin, was ich erreicht oder eben nicht erreicht habe: Ein Mensch, dem viele Liebe, Freundschaft und Vertrauen schenken, aber dem auch einige großes Misstrauen und große Antipathie entgegenbringen. Dessen bin ich mir bewusst und ich muss mir eingestehen, dass ich damit gut leben kann. Nichts wäre für mich langweiliger, als belanglos, „undiskutiert“, von allen geliebt zu werden. Ich denke, das würde mir echt schwer zu denken geben. Und mein christlicher Glaube hilft mir dabei.
Wie gesagt, ich stehe darauf, mit einer gehörigen Portion Energie, Provokation, Freude und Risikobereitschaft durchs Leben zu ziehen. Ich stehe auf Sicherheit, aber auch auf Unsicherheit zugleich, ich stehe auf diese „Kontrollierte Anarchie“, die ich wirklich in mir spüre. Sie war und ist wirklich der perfekte Kompass für mich.
Und genau diesem Kompass folge ich auch jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe. Ich glaube, es ist an der Zeit dafür, all das zu verarbeiten. Ich möchte euch mitnehmen auf die Reise, die mein Leben beschreibt. In Form von Bildern, Liedern, Videos, vielleicht auch Hörbüchern oder sonstigen Zeilen. Ich habe nicht vor, irgendwas zu verschweigen, möchte sowohl Niederlagen als auch Erfolge teilen, möchte für mich Dinge verarbeiten und vielleicht dem ein oder anderen den Spiegel vorhalten, dass das Leben keine linear verlaufende Einbahnstraße, sondern ein Marsch über Gipfel und Täler ist. Begleitet von Niederlagen, offenen Händen, Dreck, Sturm und Regen. Aber eben auch Sonne und himmlischen Gefühlswelten. Nie gleich, nie fehlerfrei, nie allein. Die nächste Falltür wartet schon, das nächste Katapult ebenso. Genau darum soll es hier gehen. Um nicht mehr und nicht weniger.
Um die „Kontrollierte Anarchie“, die vielleicht auch in dir steckt, wer weiß?
Philipp Burger